Spätzünder E-Food
10. Februar 2020
· Online-Lebensmittelhandel hinkt anderen Handelssegmenten hinterher
· Doch vor allem jüngere Kunden sind aufgeschlossen für E-Food
· Erfolgskriterien sind Lieferprozess, Sortiment und Nachhaltigkeit –
64 Prozent achten auf soziale und ökologische Faktoren
· Mindestens Verfünffachung des Marktanteils bis 2030 erwartet
München, 10. Februar 2020 – E-Food fristet im Vergleich zu anderen Handelssegmenten im boomenden deutschen Online-Handel ein Schattendasein. Das bestehende Angebot stellt die Konsumenten noch nicht zufrieden. Zwar erklärten in einer Oliver Wyman-Umfrage unter rund 3.500 Konsumenten mehr als 50 Prozent der unter 40-Jährigen, dass sie entweder schon einmal Lebensmittel online bestellt hätten oder dies künftig machen wollen. Doch für vermehrte Bestellungen müssen die Anbieter noch drei Barrieren überwinden: Es braucht einen effizienten und günstigen Lieferprozess, ein kundenorientiertes Sortiment sowie das Einhalten ökologischer und sozialer Standards. Je besser dies gelingt, desto größer die Marktchancen von E-Food auch in Deutschland.
Überwiegend zufriedene Kunden und wachsende Umsätze charakterisieren das Bild des deutschen Online-Handels in den vergangenen Monaten. Allein das E-Food-Geschäft, also Lebensmitteleinkauf online statt im stationären Handel, hinkt hinterher. Es vermag weder in Sachen Preis- noch Leistungswahrnehmung die Deutschen bislang zu überzeugen. Dies ergab die Befragung von rund 3.500 Verbrauchern in Deutschland über ihr Online- und Offline-Kaufverhalten in den sechs Kategorien Gesundheits-, Medizin und Arzneimittel, Baumarktartikel und Gartenbedarf, Elektronik, Bekleidung, Schuhe und Sportartikel, Lebensmittel und Tierbedarf durch Oliver Wyman.
Kunden von morgen wollen auch Lebensmittel online kaufen
Immerhin jeder fünfte Konsument hat bereits einmal Lebensmittel online gekauft, weitere 25 Prozent sind daran interessiert. Bei den unter 40-Jährigen überwiegt sogar die Zahl der Käufer und Kaufinteressenten. „Die Kunden von morgen wollen auch ihre Lebensmittel online einkaufen“, betont Nico Hemker, Handelsexperte bei Oliver Wyman. „Es ist daher nicht die Frage, ob der Anteil von E-Food in Deutschland steigt, sondern vielmehr mit welcher Dynamik dies geschieht.“
In der Umfrage schälten sich drei Kriterien für eine wachsende Bereitschaft der Befragten heraus, online Lebensmittel zu bestellen. Es geht um ein überzeugendes Sortiment inklusive regionaler Produkte von verschiedenen Anbietern, einen effizienten und günstigen Lieferprozess mit kundenfreundlichen Zeiten sowie das Einhalten ökologischer und sozialer Standards. Dazu zählen umweltgerechte Verpackungen ebenso wie eine faire Bezahlung der Mitarbeiter. Nach eigener Aussage achten hierauf mittlerweile 64 Prozent der Konsumenten.
Click & Collect spielt bislang nur eine Nebenrolle
Interessanterweise spielt in Deutschland, anders als beispielsweise in Großbritannien und Frankreich, bei den denkbaren Liefermodellen Click&Collect nur eine Nebenrolle. Bislang gelangt E-Food hauptsächlich über Händler zu fixen oder ausgesuchten Lieferfenstern und über klassische Paketzustellungen in die Haushalte. Partner und Leiter der Praxisgruppe Handel und Konsumgüter Rainer Münch betont: „Das Rennen um den besten Lieferservice ist noch offen. Wer die richtige Balance zwischen hoher Servicequalität und vertretbarem Aufwand findet, erarbeitet sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung.“ Die Chance dazu hätten klassische Lebensmitteleinzelhändler genauso wie reine Online-Anbieter. Bislang ist es Amazon mit Amazon Fresh in Deutschland nicht gelungen, wie zuvor in anderen Kategorien den Wettbewerb zu „überrollen“. Münch: „Je überzeugender die Lebensmittelhändler ihre digitalen Kundenerlebnisse gestalten, desto geringer die Angriffsfläche für reine E-Commerce-Anbieter.“
Eine wichtige Rolle übernehmen hierbei in Zukunft digitale Sprachassistenten. Unter den Befragten besitzt mittlerweile nahezu jeder zweite, der sich für den Online-Kauf von Lebensmitteln interessiert, ein solches Gerät. 49 Prozent davon haben per Stimme auch schon mal Lebensmittel bestellt. Für den Handelsexperten Hemker steht fest: „Der Kampf um die Aufmerksamkeit des Kunden wird noch härter; ein Sprachassistent nennt nur noch einen Artikel.“ Auf einem Smartphone hätten immerhin noch drei Produkte Platz, auf einer klassischen Website ca. 10. Im Laden buhlen pro Regalmeter rund 30 verschiedene Artikel um Aufmerksamkeit.
Hohe Wachstumsdynamik mit E-Food
Je nach Fortschritt der Händler beim Abbau der Barrieren hinsichtlich Lieferprozess, Sortiment sowie sozialer und ökologischer Standards, wird sich der Anteil von E-Food am Gesamtumsatz mit Lebensmitteln bis 2030 mindestens verfünffachen; 2018 lag dieser knapp über einem Prozent. Dabei werden sich die E-Food Warenkörbe in ihrer Zusammensetzung dem stationären Handel annähern – und weiteres Potenzial aufweisen. Marktbeobachter Hemker mahnt: „Die klassische Wertschöpfungskette im Lebensmittelhandel gerät bei steigendem E-Food-Anteil immer weiter unter Druck. Die Händler aber auch die Hersteller müssen ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen und mit Hochdruck an die veränderten Erwartungen ihrer Kunden anpassen.“ Sonst könnten am Ende auch bei E-Food große Internet-Konzerne am meisten von der wachsenden Lust der Deutschen am Online-Shopping profitieren.
Über die Analyse
Es wurden im Oktober, 2019 rund 3.500 Verbraucher in Deutschland zu ihrem Online- und Offline-Kaufverhalten in den sechs Kategorien, Gesundheits-, Medizin und Arzneimittel; Baumarktartikel und Gartenbedarf; Elektronik; Bekleidung, Schuhe und Sportartikel; Lebensmittel und Tierbedarf befragt.
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Katryna Nolan
Communications Associate
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